“So etwas habe ich noch nie gemacht”, denke ich, während ich das hier schreibe. Das denke ich nicht nur über den Blogbeitrag hier, meinen allerersten Jahresrückblick mit einer Wortzahl und Bildgewalt, die meine bisherigen Blogartikel bei Weitem übersteigen. “Das Jahr der ersten Male”, könnte in der Rückschau auch die Überschrift meines Jahres 2022 sein. Es war geprägt von so vielen Schattensprüngen und Lichtmomenten, von Unsicherheiten, die mit ersten Malen nun einmal einhergehen, aber auch von Bestärkungen und Beständigkeiten, die mich mutig haben vorangehen lassen. Erst beim Schreiben ist mir bewusst geworden, wie proppevoll und vielschichtig, aufregend und neu die letzten 360 Tage waren. Proppevoll und vielschichtig sind deshalb wahrscheinlich auch ganz gute Attribute oder Schlagworte für den Jahresrückblick, den du hier lesen kannst. Viel Spaß beim Hin- und Herblättern, Scrollen, Klicken und Connecten (denn darüber würde ich mich am meisten freuen: über Querbezüge und Resonanzen aus meinen Texten in deine Lebenswelt hinein)!
Die Ideen für meine Selbständigkeit, die sich 2021 nach und nach herauskristallisiert und konkretisiert hatten, haben dieses Frühjahr immer mehr Gestalt angenommen, eine Form bekommen, erste Früchte getragen. Dankenswerterweise konnte ich alle betriebswirtschaftlichen Aspekte einer freiberuflichen Selbständigkeit Anfang des Jahres regelmäßig bei einem Gründungscoaching besprechen. Daraus hat sich Stück für Stück mein Businessplan bzw. Gründungskonzept entwickelt, ein insgesamt 33 Seiten starkes Dokument, das in etwa funktioniert wie ein Exposé für ein Promotionsvorhaben, womit ich ja auch schon Erfahrungen habe. Der einzige für mich wesentliche Unterschied war die bewusste Benutzung des Wortes “Ich”. Was macht mich aus? Warum und wie kann gerade meine Business-Idee funktionieren? Welche Erfahrungen und Werte bringe ich mit? Meine akademische Sozialisation hat es mir beim Schreiben ziemlich schwer gemacht, das Ich-Verbot zu übergehen, aus meiner Perspektive heraus für mich zu argumentieren und nicht nur Fakten und Recherchen für sich sprechen zu lassen.
Am 23. Mai habe ich dann alle Unterlagen eingereicht, um den Gründungszuschuss zu beantragen und Ende Juni lag die Zusage im Briefkasten – ein langweiliger bürokratischer Akt, aber für mich ein unglaublicher Tag, an dem das Sprichwort “Ein Stein vom Herzen fallen” sich sehr real angefühlt hat. Seither hat noch mehr Gestalt angenommen; das könnte auch die Überschrift für das nächste Kapitel sein, wenn ich über portugiesische Keramik nachdenke…
Schon 2021, als ich viele Bücher über Kreativität und kreatives Schreiben gelesen hatte, kam der Wunsch in mir auf, Menschen zusammenzubringen und sich gemeinsam mit dem eigenen Selbst, dem eigenen Potenzial und verschiedenen Formen von kreativem Ausdruck auseinanderzusetzen. Die Idee für ein Foto- und Schreib-Retreat in Porto war plötzlich da, ohne viel Anstrengung und Überlegung; die Puzzleteile setzten sich einfach so im richtigen Moment zusammen: Dass meine Italienisch-Lehrerin in Portugal lebt und das Unterrichten nur ihr Zubrot zu ihrer eigentlichen Leidenschaft ist: Keramik-Kunst. Dass meine Schwester Fotografin und Sozialpädagogin ist, schon viel mit fotopädagogischen Methoden gearbeitet hat und wir eh nach Möglichkeiten gesucht hatten, zu kooperieren.
Dass wir im Oktober 2021 zusammen Urlaub in Porto gemacht hatten – eine magische Woche, in der wir ganz eingenommen waren von der Stadt. Wir fühlten uns so erholt, glücklich und inspiriert. Bei einem abendlichen Spaziergang durch Vila Nova de Gaia, das, durch den Fluss Douro getrennt, Porto gegenüberliegt, entsponn sich das Retreat-Konzept vor unseren Augen. Wir setzten uns auf eine Bank an einem belebten Platz voller Cafés und Bars, schrieben alles in mein kleines Notizbuch, hatten es plötzlich schwarz auf weiß und fuhren kurze Zeit später mit der Gewissheit nach Hause, dass wir im Frühjahr 2022 mit abenteuerlustigen und wagemutigen Frauen im Gepäck zurück nach Porto kommen würden. Dieses Foto hier entstand dann bei unserer Ankunft in Porto im April 2022: Wir hatten es wirklich geschafft, in wenigen Stunden würden vier Teilnehmerinnen im Hotel ankommen und wir würden eine Woche lang gemeinsam fotografieren, schreiben, töpfern, die Stadt entdecken, Portwein und Pasteis de Nata verkosten, Fliesen bestaunen und bemalen. So leicht, wie ich es hier klingen lasse, war es natürlich nicht; die Organisation, die inhaltliche Vorbereitung und das Marketing haben viel Zeit gekostet, aber wir sind schon seit 30 Jahren ein unschlagbares Team und das sieht man ja auch.
Besonders schön war es für mich, dass ich am letzten Tag des Retreats meinen Geburtstag in Porto feiern konnte: Der Tisch war reich gedeckt und geschmückt, das Wetter war toll und wir haben den Tag bei einem langen Spaziergang durch Porto genossen. Zwischendurch bekam ich immer wieder Anrufe von der Familie und Freundinnen aus Deutschland und es war fast unwirklich, dabei durch die kleinen Gassen zu flanieren, portugiesisch zu hören, von lauem Wind umweht zu werden und zu wissen, dass ich schon am nächsten Nachmittag wieder in Berlin sein würde…
Genau im Übergang von 2021 zu 2022 konnte ich endlich ausprobieren, worauf ich so lange hingearbeitet hatte: Meine ersten eigenen Schreibworkshops standen an – und das sogar in Italien, mit dem ich weitaus mehr verbinde als Spaghetti, Cappuccino und Gelato: Im Frühjahr 2016 hatte ich für 6 Wochen als Au Pair in Norditalien gearbeitet und kam zum Wintersemester 2016/17 dorthin zurück, um in Trento mein Erasmus-Semester zu verbringen. Die Zeit war sehr prägend, ich hatte einen richtigen Alltag auf Italienisch, fühlte mich immer mehr in Sprache und Mentalität ein, knüpfte Kontakte, hatte mehrere kleine Jobs und lebte in einer tollen WG in einem Vorort von Trento, von dem aus man einen Panorama-Blick über das ganze Tal und die gegenüberliegenden Berge hatte. Das war ein kleiner Exkurs, der aber hoffentlich zeigt, dass ich gar nicht anders kann, als gedanklich abzubiegen, sobald jemand Italien nur erwähnt. Umso glücklicher war ich über die Einladung der DAAD-Lektorinnen in Bologna und Udine und über die altehrwürdigen Gebäude (siehe Foto!)
Im Frühsommer kam ein weiterer Schreibworkshop an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena dazu und seit Herbst Didaktik-Workshops zur Nutzung digitaler Tools in Unterricht, Seminaren und anderen pädagogischen Settings an der VHS Frankfurt (Oder). Als Einstieg in die dortigen Workshops habe ich z.B. die Idee von kleinen Online-“Lernhäppchen” wieder zurück in die analoge Welt gebracht und so ein Schreibgespräch um die Vorteile und Herausforderungen beim Einsatz digitaler Tools angestoßen.
In meinem Leben hatte sich zwischen September 2021 und Januar 2022 so viel getan und ich wollte gern alle Freund*innen, Bekannte, ehemalige Kolleg*innen, meine Familie und alle Unterstützer*innen mit auf meine Reise nehmen… An einem Newsletter führte für mich also kein Weg vorbei: Am 24. Januar schrieb ich meine erste E-Mail als Dozentin und Schreibtrainerin an Freunde und Familie. Genau eine Weiterbildung und zwei Monate später, am 24. März 2022, wurde mein erster offizieller Sage&Schreibe Newsletter an ungefähr 20 Personen versandt. Ich war sehr aufgeregt, ziemlich stolz und so inspiriert von meiner neuen Aufgabe.
Das steht im Briefkopf: “Im Sage&Schreibe-Newsletter geht es um Worte und (Schreibtisch)taten. Es geht um Gesprochenes, Geschriebenes, Gedachtes, Konserviertes, vermeintlich Vergessenes oder neu Gefundenes – sorgfältig von mir kuratiert.” Ursprünglich sollte es ein wöchentlicher Newsletter werden. Mein erzählerischer Ansatz und literarischer Anspruch haben am Anfang dazu geführt, dass ich jede Woche sehr viel Zeit in das Schreiben des Newsletters gesteckt habe. Nach dem Sommer habe ich dann die Frequenz auf einmal monatlich reduziert. Bis heute habe ich insgesamt 12 Newsletter verschickt und auch meine Liste ist beträchtlich gewachsen: Inzwischen empfangen ca. 130 Personen den Sage&Schreibe Newsletter. Danke an alle, die ihn schon abonniert haben! Und wenn du den Sage&Schreibe Newsletter auch gern lesen möchtest, kannst du dich hier anmelden.
Naja, vielleicht hatte ich keine Marmelade im Schuh, aber zumindest Kirschkerne unter den Füßen. Es war Sommer und heiß, der Himmel weit und die Bäume im Garten unserer Eltern in Thüringen voller rubinroter Kirschen. Etwa eine Woche lang waren wir damit beschäftigt, auf alten Holzleitern die saftigen Kirschen abzunehmen, sie zu waschen, zu entsteinen und in riesigen Töpfen Kirschmarmelade zu kochen. Keller und Speisekammern sind nun mit vielen großen Schraubgläsern gefüllt, im Herbst kamen noch eingekochte Birnen und Pflaumenmus dazu. Auch wenn das Spannungsverhältnis zwischen Hauptstadt und dünnbesiedeltem Thüringer Wald nicht immer leicht auszuhalten ist – im Sommer ist die Heimat ein richtiger Sehnsuchtsort mit so vielen Möglichkeiten und Naturerfahrungen, die man im Volkspark Friedrichshain vergeblich sucht.
Im Sommer waren wir Vagabunden und zwischen Berlin, Finnland, Thüringen, Südtirol und der Nordsee unterwegs. In Rudolstadt haben wir uns im internationalen und musikalischen Flair des Rudolstadt Festival (ehemals Tanz- und Folkfest) getummelt. Im August waren wir dann (inzwischen fast schon eine Tradition) wieder beim Wattenschlick-Festival am Jadebusen in Dangast. Das Festivalgelände liegt direkt am Wattenmeer, die Bühnen am Strand. Bei Flut läuft man im knöcheltiefen Wasser von Bühne zu Bühne und unterwegs vorbei am Stand mit dem besten Rhababerkuchen… Dort haben wir bei strömendem Regen und ausfallenden Stromgeneratoren u.a. den Film “Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush” von Andreas Dresen gesehen, in Anwesenheit des “echten” Bremer Anwalts Bernard Docke, dessen Werte, Engagement und Courage bei aller Bescheidenheit aus jedem seiner Worte sprach. Alles andere als bescheiden war dann das Konzert von Bilderbuch, die mir aber viel demütiger und authentischer vorkamen als noch vor ein paar Jahren…
Nach dem turbulenten Sommer bot mir mein neuer Auftrag als DaF-Lehrerin in Frankfurt/Oder eine neue Regelmäßigkeit und Routine. Über meinen September in Frankfurt habe ich dieses Jahr auch einen Blog-Artikel geschrieben. Während ich anfangs noch dachte, es wäre nur ein einmonatiges Experiment, hat Frankfurt doch Spuren hinter- und mich nicht in Ruhe gelassen – zum Glück! Auch im Wintersemester kann ich dort an zwei Tagen pro Woche im Sprachenzentrum der Europa-Universität Viadrina Deutsch und wissenschaftliches Schreiben unterrichten. Frankfurt bleibt für mich gleichzeitig rätselhaft und vertraut. Vieles erinnert mich an die Thüringische Demografie auf dem Land. Amüsant war diese Straßenbahnfahrt mit den drei behüteten Damen.
Apropos behütete Damen: Meine Oma war nicht nur eine behütete Dame von Welt, sondern auch eine warmherzige, zupackende und behütende Oma. Sie hatte immer den Hut auf, bis sie Ende letzten Jahres den Hut nahm und sich endgültig verabschiedete. Im verlassenen Haus hängt noch ihre blaue Regenjacke an der Garderobe, als würde sie sie gleich wieder überziehen. Jetzt leben leider nur noch langbeinige Tiere dort und weben Netze; so viel und produktiv wie Oma früher Schals gestrickt hat.
Im Verlauf des Jahres waren wir immer mal wieder im Haus, zum Stöbern, Ausräumen, Sortieren, Aufbewahren, Erinnern und Beleben. Bei der Impressionismus-Ausstellung im Museum Barberini in Potsdam, das ich im September mit Studierenden besucht habe, hat mich dann dieses Gemälde von Alfred Sisley an meine Kindheit und die winterliche Landschaft im Ort der Großeltern erinnert. Über “Straße in Louveciennes, Schnee, 1874” steht im Katalog des Museums:
“Von Pierre-Auguste Renoir ist der Ausspruch überliefert, gemalter Schnee solle alle Farben der Umgebung widerspiegeln und daher nie in reinem Weiß wiedergegeben werden. Hier hat Alfred Sisley die Formen der schneebedeckten Landschaft mit warmen Schattierungen von Hellblau und Rosa herausgearbeitet.”
Aber nicht nur im Schnee und in Thüringen waren wir auf Omas Spuren. Im Oktober haben wir uns als Familie nach zehn Jahren noch einmal aufgemacht in die ursprüngliche Heimat unserer Oma, nach Gorzów Wielkopolski, ehemals Landsberg an der Warthe in der Ostmark Brandenburg. 2012 war Polen für mich noch exotisch und befremdlich; nun, zehn Jahre später, von denen ich anderthalb Jahre selbst in Polen gelebt und über zwei Jahre Polnisch gelernt habe, konnte ich Vieles anders einordnen und besser verstehen. Damals waren wir mit unseren Großeltern dort, die schon nicht mehr gut zu Fuß waren, weshalb wir zwei Tage lang mit einem gemieteten Kleinbus alle Straßen und Wege von Omas Kindheit abfuhren. Sie hatte immer noch eine erstaunlich gute Orientierung, zeigte, erklärte, navigierte und wurde von uns Löcher in den Bauch gefragt. Nun hatten wir dank vieler Audio-Aufnahmen, die wir über die Jahre bei jeder Gelegenheit von ihr gemacht haben, immer noch ihre Stimme im Ohr. So standen wir vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Brückenvorstadt nahe der ehemaligen Jute-Fabrik von Max Bahr und hörten zu, wie sie uns von ihren Eltern, ihrer Taufe, der Warthe, ihrem älteren Bruder Richard, russischen Soldaten und drohendem Unheil erzählte. (Russische Soldaten und Unheil – wie ungeheuerlich, dass man diese beiden Dinge seit Februar wieder in einem Atemzug nennen muss und die ganze Welt erschüttert ist; und wie gut, dass Oma das nicht mehr erlebt…)
Nach unserer Zeit-Reise habe ich mir auch Christa Wolfs Roman “Kindheitsmuster” gekauft. Christa Wolf ist vier Jahre älter als Oma und auch eine Tochter der Stadt. Wer weiß, vielleicht haben sich ihre Wege zufällig und unbemerkt einmal gekreuzt, am Paukschbrunnen im Zentrum der Stadt, an der Uferpromenade oder im Stadtpark… In “Kindheitsmuster” schreibt Christa Wolf von einigen Reisen nach Gorzów in den 1970er Jahren, anhand derer sie sich mit dem Verlust der Heimat und mit ihrer Familie auseinandersetzt.
Dieses Foto haben wir diesen Sommer beim Stöbern im leeren Haus gefunden. Es wurde im Hof unserer Großeltern aufgenommen; hinter mir und der Badeente steht mein Opa, ganz rechts meine Mama hinter der Autotür unseres Hondas, der Anfang der 1990er Jahre unseren himmelblauen Trabi abgelöst hatte.
Im November voriges Jahr habe ich mein erstes Buchprojekt begonnen, in dem ich mich als Nachwendekind mit den Relikten unserer frühen Kindheit und einer fast unerklärlichen Sehnsucht nach – ja, was eigentlich?! – auseinandersetze. Sehnsucht nach einer Zeit, die in so vielem noch spürbar, aber doch abgelaufen ist. Sehnsucht nach dem Sehnen der Eltern und Großeltern, nach Produkten oder einem Alltag, den es nicht mehr gibt, nach einer Form von Stabilität, Einfachheit, Geborgenheit, die verschwunden ist. Die Sehnsucht danach, deren Erinnerungen und Erfahrungen besser einordnen und mit dem eigenen Erleben in Beziehung setzen zu können. Eine abstrakte, nicht greifbare Sehnsucht, die sich z.B. im Interesse an ehemaligen Alltagsgegenständen, an Architektur, Kunst am Bau, Fahrzeugen, Texten und Liedern von Künstler*innen aus der ehemaligen DDR entlädt. Da ich ungefähr 5 km entfernt von der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze aufgewachsen bin und in meiner Familie dankenswerterweise nicht geschwiegen, sondern viel gesprochen wird, beschäftigt mich das Thema schon lange. Seit einer gemeinsamen Trabi-Reise mit meinen Geschwistern entlang der ehemaligen B96 bis zur Ostsse im Sommer 2020 und 2021 noch einmal mehr. Ungefähr 60 Seiten habe ich inzwischen geschrieben, über unsere Trabi-Abenteuer, die Menschen auf dem Weg, unser Sehnen und den Versuch, die Vergangenheit er-fahr-bar zu machen. Leider habe ich dieses Jahr viel weniger daran gearbeitet als noch Ende 2021. An meinem Thema war ich bei verschiedenen kulturellen Veranstaltungen aber doch immer wieder dran, z.B. hier:
Wenn ich schreibe, dann meist zurückgezogen, allein, im Stillen. Und während das ganz gut funktioniert, wollte ich dennoch schon immer zusammen mit anderen schreiben, einen Rahmen stecken, eine gemeinsame Erfahrung und Austausch ermöglichen. Nachdem mein Bücherregal in den letzten beiden Jahren reihenweise angewachsen ist mit Büchern über das wissenschaftliche und kreative Schreiben, brannte es mir seit Mai unter den Fingernägeln, ein kreatives Schreibangebot zu entwickeln und regelmäßig mit anderen Schreibinteressierten zu schreiben.
Im Oktober habe ich die Nacht&Nebel Schreibwerkstatt ins Leben gerufen, um das gemeinsame kreative Schreiben ein Stück weiter in den Alltag zu holen. Dabei dienten sowohl Alltags-Beobachtungen, andere Sinneseindrücke und Erinnerungen als auch Zitate und Texte von Künstler*innen als Inspiration für das eigene Schreiben. Eine besondere Entdeckung war in diesem Zusammenhang Andy Warhol und seine “Schreibroutine” für mich: Er schrieb nicht selbst, sondern rief jeden Morgen seine Sekretärin an und diktierte ihr die Ereignisse seines letzten Tages. Die posthum von ihr herausgegebenen Tagebücher zeugen von Warhols scharfer Beobachtungsgabe. Die Netflix-Serie “The Andy Warhol Diaries” hat sein Leben anhand der Tagebucheinträge, die von einer KI mit Andy Warhols Stimme verlesen werden, nachgezeichnet (große Empfehlung, es waren ganz besonders poetische Stunden des Binge-Watching!).
Die wöchentlichen Online-Treffen der Nacht&Nebel Schreibwerkstatt im Oktober und November sowie der Vorweihnachts-Termin im Dezember waren auch für mich kleine Oasen der Ruhe, Entspannung und Kreativität.
Für das Jahresende habe ich dann ein spezielles Schreibangebot konzipiert: Den Wort&Werke Schreibworkshop zum gemeinsamen Reflektieren und Verabschieden des Jahres durch kreative Schreibübungen. Auf den Termin am 28.12. freue ich mich sehr, zumal etliche Teilnehmer*innen aus den bisherigen Schreibwerkstätten auch wieder dabei sein werden.
In der Rückschau ist es so interessant, wie viele und welche Menschen aus welchen Beweggründen in diesem Jahr zu mir gefunden haben.
Hier ein kurzer Überblick:
Dazu kommen dann noch die tollen (Wieder-)Begegnungen von der Nacht&Nebel Schreibwerkstatt und dem Retreat in Porto… Für alle Kennenlernen, Gespräche, gemeinsame Schreiberfahrungen, für Unterrichts- und Coachingstunden bin ich so dankbar und freue mich auf mehr im neuen Jahr.
Zu guter Letzt mein Wort für 2023: Beständigkeit. Bestehen, Bestand haben, einen festen Stand haben, weiter Fuß fassen. Das ist gerade am Anfang der Selbständigkeit keine Selbstverständlichkeit (wow). Ich bin dankbar für den bisher zurückgelegten Weg und freue mich auf die nächsten, gut bedachten und entschlossenen Schritte wie im zweiten Petrusbrief: “Darum, liebe Brüder, tut desto mehr Fleiß, eure Berufung und Erwählung festzumachen. Denn wo ihr solches tut, werdet ihr nicht straucheln.” (2. Petrus 1:10)
Dozentin und Schreibtrainerin in Berlin
Wissenschaftliches und kreatives Schreiben, (Hochschul-)Didaktik
Deutsch als Fremdsprache